Neben den in unserem Zentrum angewandten etablierten Therapieformen mit verlässlichen Langzeitergebnissen aus internationalen Studien kommen in anderen Kliniken auch Behandlungen zur Anwendung, deren Wirksamkeit nicht oder noch nicht ausreichend belegt sind oder deren langfristigen Nebenwirkungen unbekannt sind. Die Behandlung mit dem Verfahren des hochintensiven fokussierten Ultraschalls (HIFU) gilt nach den Leitlinien als experimentelle Therapie und sollte daher nur im Rahmen von Studien angewendet werden. Dies wurde auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) 2018 von führenden Experten erneut bestätigt.
Der hochintensive fokussierte Ultraschall, kurz HIFU, ist ein Verfahren zur Behandlung des lokalisierten Prostatakarzinoms. Hierbei treffen gebündelte Ultraschallwellen mit hoher Energie auf die Prostata und zerstören durch die starke Hitzeeinwirkung das Tumorgewebe. Obwohl das HIFU-Verfahren intensiv beworben wird, ist die Wirksamkeit der Therapie noch nicht ausreichend in Studien erforscht und belegt. Weltweit wurden bisher verglichen mit den etablierten Verfahren deutlich weniger Prostatakrebs-Patienten mittels HIFU behandelt. Darüber hinaus gibt es keine ausreichenden Erkenntnisse über Nebenwirkungen, die erst Jahre nach Abschluss der Behandlung auftreten können.
Auch wenn es seit mehreren Jahren Erfahrungen mit der HIFU-Therapie gibt, sind die Studienergebnisse nach wie vor wenig befriedigend. Nach einer bereits 2010 im British Journal of Urology veröffentlichten Studie1 zur HIFU-Therapie wiesen 80 Prozent der Männer mit einem lokalisierten Prostatakarzinom fünf Jahre nach Behandlung ein biochemisches Rezidiv auf, was in den meisten Fällen auf ein erneutes Tumorwachstum hindeutet. Entsprechend galten nur 20 Prozent der Männer nach fünf Jahren als geheilt. Seitdem hat sich nicht viel geändert. So belegt eine im April 2018 publizierte Studie2 mit Daten von Prostatakrebspatienten aus fünf deutschen Zentren, dass bei mehr als jedem vierten Mann ein Jahr nach der HIFU-Therapie noch Tumorgewebe nachweisbar war. In einer aktuellen britischen Studie3 musste bei jedem dritten Patienten mit einem Hochrisiko-Prostatakarzinom die HIFU-Therapie wiederholt werden.
Im Gegensatz zur gutartigen Prostatavergrößerung entwickelt sich der Prostatakrebs in aller Regel im Bereich der Prostatakapsel, und somit in unmittelbarer Nähe des Enddarms. Die HIFU-Behandlung des Tumors birgt daher das Risiko einer Darmverletzung und Fistelbildung4. Durch die starke Hitzewirkung auf das Organ wird in vielen Fällen auch die Potenz des Mannes negativ beeinflusst. Eine potenzerhaltende Teilbehandlung ist zwar möglich, allerdings wird dabei das Prostatagewebe nicht vollständig entfernt, und somit ist auch die endgültige Beseitigung des Tumors nicht gewährleistet.
Um Vorsteherdrüsen mit einem größeren Volumen mittels HIFU-Therapie zu behandeln, muss die Prostata im Vorfeld operativ verkleinert (TURP) werden, da ansonsten keine ausreichende Energie in den inneren Zonen des Organs erreicht wird. Hier kann dann endgültig nicht mehr von einem "minimalinvasiven Verfahren" gesprochen werden.
Literatur:
1Ripert T et al.: Six years' experience with high-intensity focused ultrasonography for prostate cancer: oncological outcomes using the new 'Stuttgart' definition for biochemical failure. BJU Int. 2010 Nov 17.
2Ganzer R, Hadaschik B, Pahernik S et al.: Prospective Multicenter Phase II Study on Focal Therapy (Hemiablation) of the Prostate with High Intensity Focused Ultrasound. J Urol. 2018 Apr;199(4):983-989.
3Guillaumier S, Peters M, Arya M et al.: A Multicentre Study of 5-year Outcomes Following Focal Therapy in Treating Clinically SignificantNonmetastatic Prostate Cancer. Eur Urol. 2018 Oct;74(4):422-429.
4Netsch C, Bach T, Gross E, Gross AJ. Rectourethral Fistula After High-intensity Focused Ultrasound Therapy for Prostate Cancer and Its Surgical Management. Urology. 2011 Jan 5.